#14: Great Walk – Kepler Track

Nur wenige Tage nach Beendigung des Rakiura Tracks starten wir mit dem längsten Track (von diesen vieren), dem Kepler Track. Die meisten Wanderstunden, die meisten Höhenmeter und die weiteste Distanz. Wir entscheiden uns hier für Hüttenübernachtungen. Dies erspart uns einiges an Gewicht, da das Zelt, die Campingmatten und die Gaskartusche für den Campingkocher wegfallen. Auch ohne diese Utensilien gibt es noch genug zu tragen. Die Hütten bieten nur wenig Komfort – das meiste muss selbst mitgebracht (und wieder rausgetragen werden). Wer sich an SAC-Hüttenstandards gewöhnt ist, wird von diesen Hütten enttäuscht sein.

Eckdaten zum Kepler Track

Anzahl Tage: 4
Übernachtungsorte: Moturau Hut – Iris Burn Hut – Luxmore Hut
Wanderzeit: 13h 20min
Höhenmeter: 2276m hoch/runter
Distanz: 71km
Strecke: Rundwanderung, kann in beide Richtungen gelaufen werden
Anreise: zu Fuss ab/bis Te Anau oder mit einem Shuttle zum offiziellen Trailstart

Über Hüttenstandards und Zimmergenossen

Übernachtet wird in Massenschlägen (8 bis ca. 25 Personen pro Schlag), somit sind exzessive Schnarchkonzerte (Oropax – deine besten Freunde!), «im-Rucksack-Herumnestler» (Herrgott, pack den Rucksack doch morgens im Aufenthaltsraum!), «durch-den-Schlafsaal-Trampler» (manche können einfach nicht leise gehen!) und «Türen-möglichst-geräuschvoll-ins-Schloss-fallen-Lasser» (gehören meistens der Spezies «Herumnestler und -trampler» an!) vorprogrammiert. Da es in der Regel relativ grosse Massenschläge sind, ist dementsprechend auch die Auswahl an unerwünschten Verhaltensweisen relativ gross, so findet man meistens auch noch die «Mit-der-Lampe-in-fremde-Gesichter-Zünder» und die «ich-bin-wach-also-sollen-es-die-anderen-auch-werden»-Redner. Nebst all diesen zauberhaften Begleiterscheinungen kriegst du für dein Geld (für den Kepler, Milford und Routeburn immerhin stolze NZD 120.- (umgerechnet ca. CHF 60.-) pro Person und Nacht (Ausländerpreis)) also eine Matratze im Massenschlag (Schlafsack und was auch immer du sonst noch zum Schlafen brauchst, bringst du selbst mit). Zudem gibt es ein paar Toiletten, meistens sogar «richtige» mit Spülung. Duschen sucht man indes vergebens. (Kalt)Wasser gibt es auch, sogar aus dem Hahn. Da das Wasser nicht behandelt oder gefiltert ist, wird entsprechend Abkochen oder Filtern empfohlen – viele trinken es dennoch direkt aus dem Hahn. Die sahen alle noch ziemlich gesund aus am nächsten Tag. Wir wollten dennoch nichts riskieren und haben unser Wasser immer abgekocht. Dann gibt es einen grossen Aufenthaltsraum mit Tischen, Bänken, Gasherden und einem Cheminée. Von deiner Kochausrüstung kannst du somit die Gaskartusche zuhause lassen. Kocher, Besteck, Geschirr und dein Essen bringst du selbst mit. Die Hütten sind während der Sommersaison zudem bewirtet: ein Ranger kontrolliert jeden Abend, ob alle Leute hier sind (respektive einen Platz gebucht und bezahlt haben) und hält einen kurzen Ranger-Talk (mehr dazu im Blogeintrag #16: Great Walk – Routeburn). Das sind die «Hard Facts», die man von einer Great Walk Hütte erwarten kann (du erinnerst dich vielleicht noch an die einleitenden Worte aus dem Blogeintrag #13_Great Walk – Rakiura… Es handelt sich hier um die «gut ausgestatteten» Hütten Neuseelands). Jaaaa…. Die grosse Werbetrommel haben wir mit diesem Abschnitt (noch) nicht für die Great Walks gerührt. ABER man macht diese Great Walks ja auch nicht der Hütten wegen, sondern weil sie einem grandiose Möglichkeiten bieten, um in einigen von Neuseelands schönsten Flecken unterwegs sein zu können und das auf sehr gut ausgebauten und unterhaltenen Wegen, die zudem sehr gut ausgeschildert sind. Ein Verlaufen ist schier unmöglich, obschon Ranger davon berichtet haben, dass es durchaus immer mal wieder vorkomme, dass Leute bei der Kreuzung vom Hüttenzugangsweg zum Hauptweg falsch abbiegen und dann – teilweise stundenlang – in die falsche Richtung laufen, bis ihnen dann wohl irgendwann das ein oder andere Detail in der Umgebung bekannt vorkommt und sie merken, dass sie die Strecke ja am Vortag in die andere Richtung gelaufen sind… Wenn man aber nicht völlig im Delirium oder in stockdickem Nebel gegangen ist, dann ist ein Verlaufen wirklich nicht möglich. Ebenso sind die Great Walks technisch nicht schwierig (wir blenden hier kurz die Passage mit dem unter Umständen hüfttiefen Matsch auf dem Rakiura Track aus…). So wird auch Wanderern mit wenig bis gar keiner Backcountry-Erfahrung die Möglichkeit geboten, in diesen spektakulären Gegenden unterwegs zu sein. Und das sogar verbunden mit ein bisschen Abenteuer-Geist, da man immerhin die gesamte Ausrüstung und Verpflegung für 3-4 Tage mitbringen muss. Denn auf diese Weise – auch wenn wir davon geträumt haben, wie es jetzt wäre, wenn wir in der Hütte ein kaltes Getränk und ein feines «Plättli» geniessen, anschliessend mit einem feinen 3-Gang-Menü verwöhnt werden und dann in unser eigenes Doppelzimmer mit Whirlpool gehen könnten (was bis auf den Whirlpool in vielen SAC-Hütten geboten wird) – sind wir uns doch ein wenig «krasser» vorgekommen :-)

Trail-Runner…

Der Stolz über unsere Wanderleistungen hält allerdings nicht allzu lange an. Spätestens, wenn einem der erste Trail-Runner entgegenkommt, schmilzt der ganze Stolz nur so dahin. Gerade denkt man noch «boah, voll gut 71km in vier Tagen – starke Leistung!», da fliegen die Trail-Runner locker-flockig an dir vorbei. Einmal pro Jahr findet die Kepler Challenge statt: sie folgt exakt dem Kepler Track und ist 60 km lang (unsere gelaufene Strecke war um 11km länger, weil wir zuerst noch von Te Anau zum offiziellen Start des Tracks und am Schluss wieder zurückgelaufen sind). Der Rekord liegt bei 4 Stunden und 33 Minuten… 4 ½ Stunden!!! Irgendwie zieht da auch der Einwand «aber wir hatten ja noch unsere schweren Rucksäcke!» nicht mehr so ganz ;-)

Über die Zuverlässigkeit von Wetterprognosen 

Auch für den Kepler Track waren die Wetterprognosen wieder ziemlich vielversprechend. So sind wir die ersten beiden Tage bei schönstem Wetter (mehrheitlich) durch Wälder gelaufen (hier hätte auch ein wenig Regen oder Nebel nicht so gestört, weil die Bäume einem relativ gut vor Regegüssen schützen). Der Sonnenuntergang in der Moturau Hütte war fantastisch, ebenso der Sonnenaufgang in der Luxore Hütte. Der Knackpunkt lag beim dritten Tag, also jenem Tag, wo wir oberhalb der Waldgrenze unterwegs waren und auf spektakuläre Aussichten auf dem Grat hofften. Diese Etappe ist das Highlight des Tracks, gleichzeitig ist man hier Wind und Wetter sehr stark ausgesetzt. Mit wenig Begeisterung haben wir in der Iris Burn Hütte die Prognose für diesen Tag gelesen: ganztägig Regen, auf dem Grat Windböen bis 70 km/h und mit grosser Wahrscheinlichkeit eine geringe Sichtweite. Definitiv nicht das erhoffte Wetter. Wanderer, die den Track in die entgegengesetzte Richtung gelaufen sind, hatten am Vortag auch tatsächlich dieses Wetter: sie haben uns enttäuscht Bilder gezeigt, wo der Weg nach wenigen Metern in einer dicken Nebelsuppe verschwunden ist und die Aussicht gleich Null war. Unser Tag auf dem Grat war das beste Beispiel, wie wechselhaft und unvorhersehbar das Wetter in den Bergen sein kann: Wind = nicht vorhanden; Regen = ca. 30 Minuten; Sichtweite = spektakuläre Sicht (bis auf ca. 45 Minuten Nebel). Wir konnten unser Glück kaum fassen! Auch wenn der Himmel nicht strahlend blau war, so haben die Wolken und der vorübergehend aufgezogene Nebel für die entsprechende Dramatik auf den Bildern gesorgt. Und wir waren für jede Stunde, die wir nicht im Regen/Nebel laufen mussten, umso dankbarer und sind für die kurze Zeit geradezu gerne in die Regenklamotten gestiegen.

Gegen den Strom laufen

Abgesehen vom Milford Track können die Great Walks jeweils in beide Richtungen gelaufen werden. Auf dem Kepler Track war ausser uns nur noch ein weiteres Reisegrüppchen im Uhrzeigersinn unterwegs. Die übrigen knapp 50 Leute sind die Route im Gegenuhrzeigersinn gelaufen. Wir haben die Rangerin in der ersten Hütte gefragt, woran das liege, denn in unseren Augen sei der Track im Uhrzeigersinn optimaler zu bewandern. Sie meinte, dass auch sie «unsere» Richtung bevorzuge, aber wahrscheinlich die meisten den Gegenuhrzeigersinn wählen, weil dies der Richtung aus der Trail-Broschüre entspreche.

Das gute an der Konstellation, wie wir sie auf dem Kepler Track hatten: Für eine lange Zeit waren wir für uns unterwegs (nämlich zu Etappenbeginn und -ende jedes Tages), lediglich um die Trailmitte herum kreuzten wir alle «Gegenuhrzeiger»-Wanderer. Auch in den Hütten sah man so immer wieder neue Gesichter (und traf entsprechend auf neue Schnarcher, Herumnestler, Trampler, etc.) und konnte sich über die einem noch bevorstehende Etappe(n) austauschen.

Weitere Eindrücke vom wunderschönen Kepler Track sind hier zu finden. 

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