#17: Im Camper von den Bergen an die Küste

Wieder in einem rollenden Zuhause unterwegs

Nachdem wir einen Monat mit dem Mietauto unterwegs waren und währenddessen vier Mehrtageswanderungen unternommen haben, waren wir froh, als wir in Queenstown wieder in unser Lieblingsfortbewegungsmittel – ein Wohnmobil – einziehen durften. So schön der viele Platz und der Komfort in den Hotelzimmern (im Vergleich zu den Platz- und Ausstattungsverhältnissen in einem Camper) waren, so haben wir uns doch sehr darauf gefreut, dass nun das ständige Kofferpacken sowie das Ein- und Auschecken aus den Hotels ein Ende hat und wir nun für zwei Monate unsere eigenen vier Wände immer mit dabeihaben.

Die Camperübernahme in Queenstown war viel sympathischer als jene in Sydney Der Camper wurde uns kurz gezeigt und alle Fragen wurden geduldig beantwortet. Zuerst dachten wir nämlich, wir hätten einen zu grossen Camper erhalten. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass auf der Internetseite der Camper für 4 und jener für 6 Personen genau dasselbe Modell (nämlich jenes für 6 Personen) ist. Somit haben wir nun unser «Schiff» mit insgesamt 6 möglichen Schlafplätzen und entsprechend vielen Sitz- und Staumöglichkeiten :-) Wir geniessen es, dass wir nun eine grosszügige Sitzecke haben und hinten im Fahrzeug ein grosses, permanentes Bett. Die Alkoven nutzen wir als zusätzlichen Stauraum. Zudem haben wir versucht, den Camper ein bisschen wohnlich und individuell einzurichten: wir hingen unsere Lichterkette (danke, Nicole R.!) und ein paar Postkarten auf und brachten ein paar zusätzliche Haken für Handtücher, Jacken, etc. an.

Wunderschöner Lake Wanaka

Von Queenstown fahren wir an den Lake Wanaka. Hier gefällt es uns richtig gut! Der See ist traumhaft in eine Berg- und Hügellandschaft eingebettet. Wir quartieren uns auf einem Campingplatz direkt am See ein. Der Campingplatz ist riesig: er besteht aus über 400 Stellplätzen. Nun (Mitte März) ist die Hochsaison aber schon vorbei und so verteilen sich die wenigen Campenden gut über das grosszügige Gelände. Unsere zweite Nacht im Camper war bereits die erste Frostnacht in Wanaka. An jenem Morgen war es tatsächlich ziemlich frisch im Camper und wir dachten noch «Das fängt ja gut an! Wenn wir schon in der zweiten Nacht Frost haben, werden das ja angenehme Zeiten im Camper…». Schliesslich reisen wir im neuseeländischen Herbst. Unsere Sorgen waren jedoch unbegründet. Bis auf ein paar ebenfalls recht knusprig-frische Nächte auf der Nordinsel waren die Temperaturen sehr angenehm.

Die schönste Aussicht auf den Lake Wanaka mit seinen vielen Inselchen hat man, wenn man auf einen der umliegenden Hügel steigt. Vorzugsweise bei Sonnenaufgang, damit man die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont steigen sieht. Die mit Abstand berühmteste Wanderung hierfür ist jene zum «Roy’s Peak». Man ist total etwa 6 bis 8 Stunden unterwegs (zuerst steil rauf, danach den gleichen Weg wieder steil runter). Oben befindet sich der «Insta-Spot» schlechthin, die Sicht ist aber auch wirklich grandios. Da wir in den letzten Tagen und Wochen viel und lange gewandert sind, hielt sich unsere Begeisterung auf eine weitere solch lange Wanderung in Grenzen. Definitiv von der Liste gestrichen haben wir die Wanderung, als wir morgens an besagtem Wanderparkplatz vorbeigefahren sind: Dutzende Autos standen nicht nur auf dem vorgesehenen Parkplatz, sondern es reihten sich noch zig Fahrzeuge dem Strassenrand entlang. Auf dem Weg mussten sich mindestens 300 Personen befinden! Wir haben uns stattdessen für eine 4x4-Tour entschieden, wo man auf dem Privatland einer Schaffarm hoch in die Hügel rauffahren konnte und von dort aus ebenfalls einen tollen Ausblick auf den See hatte.

4x4-Tour mit Chris, dem wandelnden Lexikon

Chris war unser Guide und Fahrer auf dieser Halbtagestour. Er hat uns auch bestätigt, dass die Leute völlig spinnen, seit die «Roy’s Peak»-Wanderung im Lonely Planet aufgeführt werde. Man warte oben an besagtem Punkt bis zu einer halben Stunde, bis man «an der Reihe sei» und sein Foto schiessen könne. Dabei gebe es auch viele andere Aussichtspunkte mit wunderbarer Sicht auf den See und das umliegende Panorama. Wir sind nun also in einem Geländefahrzeug über Farm- und Weideland getuckert. Die Fahrt an sich war zwar schön, allerdings nicht spektakulär. Die Aussicht indes wäre grandios gewesen, hätte sich nicht ein dicker «Nebeldeckel» über den See gelegt. Wir konnten den See zwar teilweise sehen, jedoch das Panorama nicht in Völle geniessen. Das wirklich tolle an dieser Tour waren Chris und sein unglaublich grosses Wissen über so etwa alles, was im entferntesten mit Neuseeland zu tun hat. An diesem halben Tag haben wir so viel über Neuseeland gelernt wie in der ganzen übrigen Zeit nicht mehr. Seine Geschichten hat Chris kurzweilig und mit einer guten Prise Humor erzählt: Von der Besiedlung Neuseelands und der Region Wanaka im Spezifischen durch die Maoris und später durch die Europäer, über die ursprüngliche Tierwelt hin zu den vielen eingeführten (Farm)Tieren, die heutzutage oftmals eine Plage darstellen und wieder ausgerottet oder zumindest stark dezimiert werden müssen. Über die Schaf- und Hirschzucht, die nicht ganz so erfolgreiche Hirschjagd mit Helikoptern als Treibwerkzeug bis hin zu den vielen reichen Leuten, die sich hier in der Umgebung ihr Feriendomizil erwerben, indem sie unter anderem Schaffarmen aufkaufen.

Damit die Tour noch den Aspekt «Naturschutz» abdecken konnte, hat er uns die überall in Neuseeland aufgestellten Fallen zur Ausrottung der eingeführten Ratten, Wiesel und Opossums gezeigt und den Mechanismus erklärt. In einer Holzbox mit einem kleinen Eingang wird ein Fressköder (in der Regel ein Ei) ausgelegt, wo sich dann eine klassische Klappfalle befindet, die ausgelöst wird, sobald sich ein Tier mit genügend Gewicht daraufstellt. Ganz stolz hat er verkündet, dass die Fallen extra so kalibriert seien, dass es ein gewisses Gewicht benötige, damit die Falle auslöse. Wenn also z.B. versehentlich eine Echse reinkrieche, dann sei deren Gewicht nicht ausreichend und sie könne unbeschadet wieder rauslaufen. Um dies zu demonstrieren, hat er seinen Gartenhandschuh (als Eidechsen-Imitat) von oben auf die Falle geworfen. Zack – schon ist die Falle zugeschnappt. Chris hat uns ganz erschrocken mit grossen Augen angeschaut und meinte nur «oh, das wäre jetzt wohl eine tote Eidechse gewesen – diese Falle sei aber wirklich seeehr sensibel eingestellt…». Die ganze Situation war so komisch, wir konnten nur noch laut rauslachen.

Damit wir trotzdem auch noch aus eigener Muskelkraft einen Blick von oben auf den Lake Wanaka erhaschen konnten, haben wir am Folgetag eine schöne Wanderung vorbei am Diamond Lake hoch zum Rocky Mountain unternommen. Auch von hier hat man eine traumhafte Rundumsicht auf den See, aber auch auf den Mount Aspiring. Die Wanderung ist gespickt mit tollen Aussichtspunkten, viel weniger lang und steil und wird von einem Bruchteil der Leute im Vergleich zu «Roy’s Peak» besucht – für uns war es die perfekte Alternative!

Zu den beiden Regionen Queenstown und Wanaka haben wir hier eine Galerie erstellt.

Über den Haast-Pass an die Westküste

Von Wanaka führt eine Strasse wunderschön zwischen den beiden Seen Lake Wanaka und Lake Hawea hindurch über den Haast-Pass an die Westküste. Auf der Fahrt merkt man, wie sich die Vegetation langsam, aber stetig, ändert. Auch in Bezug auf das Wetter kann man eine Veränderung feststellen: Hatten wir den letzten Monat über ziemlich beständige und fast konstant trockene Bedingungen, so waren die Wetterprognosen für die Westküste wechselhafter. Es war klar, dass wir von der Woche, die wir an der Westküste verbringen wollten, wohl den ein oder anderen nassen Tag erwischen würden. Anders könnte die an der Westküste vorherrschende üppige Regenwaldlandschaft auch gar nicht bestehen. Auf Regen waren wir also eingestellt. Wichtig war uns hauptsächlich, dass an dem Tag, wo wir eine geführte Gletscherwanderung geplant hatten, das Wetter mitspielt…

In der Galerie Haast Pass & südliche Westküste findest du ein paar Impressionen.

Heli-Hike auf dem Fox Glacier

… und es spielte mit! Wir hatten unglaubliches Glück und durften die Gletscherwanderung bei schönstem Wetter geniessen. Spektakulär war bereits die Anreise zum Start der Gletscherwanderung, indem wir mithilfe eines 5-minütigen Helikopterflugs auf das Eis geflogen wurden. Der Start der Wanderung erfolgte direkt von der «Drop-off»-Zone, wobei «Wanderung» vielleicht ein wenig zu hoch gegriffen ist, tatsächlich sind wir wahrscheinlich kaum mehr als einen Kilometer weit gelaufen. Mehr war jedoch auch gar nicht nötig. Es gab so viel zu bestaunen, dass man sich gar nicht weit bewegen musste. Durch die Sonneneinstrahlung ist das Eis in diversen herrlichen Blautönen erstrahlt. Wasser und Sonne haben ausserdem bizarre Eisskulpturen entstehen lassen. Wohin man auch blickte, überall gab es etwas zu sehen und entdecken. In der Fotogalerie Fox Glacier Heli-Hike haben wir eine Auswahl an Bildern zusammengestellt.

Typisches Westküstenwetter

Noch am Tag des Heli-Hikes wurde das Wetter schlechter. Es bildeten sich zunehmend mehr Wolken und auch die ersten Regentropfen liessen nach der Rückkehr nicht lange auf sich warten. Die beiden anschliessenden Tage sind buchstäblich «ins Wasser» gefallen, was aber überhaupt nicht schlimm war. Da wir bis anhin fast ausschliesslich gutes und trockenes Wetter hatten, waren wir entsprechend auch häufig auf Trab. So konnten wir an den beiden Regentagen mit gutem Gewissen im Camper bleiben und einfach einmal nichts tun. 

Von Pfannkuchen und Sonnenuntergängen

Nach diesen zwei Tagen wurden wir dann wieder mit gutem Wetter belohnt. Der Nebel verschwand und wir konnten wieder sehen, an welch schöner Landschaft wir vorbeifahren. Eindrücklich war ein kurzer Spaziergang zu den sogenannten Pancake Rocks (der Grund für diese Namensgebung ist anhand der Bilder leicht zu erkennen). Diese Felsformationen besucht wohl jede/r, der/die an die Westküste kommt. Dementsprechend gross sind auch die Parkmöglichkeiten sowie die vorhandene Infrastruktur. Von den Pancake Rocks aus kann man aber auch eine sehr schöne Wanderung durch zwei Täler (entlang des Pororari Rivers sowie des Punakaiki Rivers) machen – hier trifft man schon fast keine Menschenseele mehr an. Die dschungelartige Vegetation hat uns ein wenig an Lateinamerika erinnert. Ein bisschen nördlich liegt das Cape Foulwind. Auf einem schönen Küstenwanderweg kann man bis zu einem Aussichtpunkt wandern und von dort auf eine Seebärenkolonie (New Zealand fur seals) blicken. Wir beobachten, wie die kleinen Seebären noch ein wenig tapsig schroffe Steine und Felsen erklimmen und Schwimmunterricht in seichten Gezeitenpools abhalten. So vergeht die Zeit wie im Flug.

Ein weiteres Highlight an der Westküste: traumhafte Sonnenuntergänge! An einem Abend waren wir an einem Küstenabschnitt, der uns besonders schöne Fotosujets bot. Wir liefen die Strasse auf und ab – immer auf der Suche nach neuen Motiven oder Perspektiven. Leider gab es von der Strasse fast keine Zugangsmöglichkeiten zum Strand, sodass die meisten Bilder von der erhöht gelegenen Strasse auf den Strand runter erfolgten. Trotzdem konnten wir uns kaum sattsehen und -fotografieren. So sind im Laufe eines einzigen Sonnenuntergangs so viele Bilder entstanden, dass wir gleich eine separate Galerie erstellt haben. Neben den Bildern zur Zentralen Westküste gibt es also noch die Galerie Sonnenuntergänge Westküste.

Ausflug ins Oparara Basin

Viele Reisende verlassen die Westküste bei Westport und fahren von dort durch die Buller Gorge ins Landesinnere. Wer Zeit hat, sollte sich die knapp 120km bis ans nördliche Ende der Westküste nicht entgehen lassen. Die Strasse schlängelt sich über einen Pass und dann weiter der Küste entlang durch verschlafene Dörfer. Hier sind nur noch wenige Touristen unterwegs. Wir fahren bis ins letzte Dorf (Karamea) und bleiben dort für zwei Nächte. Ganz in der Nähe von Karamea liegt das Oparara Basin mit seinen schönen Gesteinsbögen und Höhlen. Die Zufahrtsstrasse ist für unser «Schiff» allerdings nicht geeignet. Hier wird entweder ein 4x4-Fahrzeug benötigt oder man schliesst sich einer geführten Tour an. So gerne wir sonst geführte Aktivitäten machen (weil man auf diese Weise in kurzer Zeit sehr viel über die besuchte Region erfährt), so ungerne wollten wir uns hier einer anschliessen. Denn hier wollten wir mal wieder in Ruhe fotografieren. Also haben wir uns ein paar Tage im Voraus an einen Tourenanbieter gewandt und unser «Problem» geschildert. Ob es denn vielleicht möglich wäre, mit ihnen einfach nur ins Oparara Basin und wieder zurückzufahren (Shuttle-Service) und vor Ort individuell Zeit zu verbringen? Das wäre sogar theoretisch möglich gewesen, sofern sich an besagtem Tag nicht noch weitere Personen spontan anmelden (dann hätten die «Tourengänger/innen» verständlicherweise Vorrang). Sie gaben uns dann allerdings die Telefonnummer von jemandem, der ein paar geeignete Fahrzeuge vermietet. Also haben wir dort angerufen… Ja klar, ein Fahrzeug zu mieten sei gar kein Problem! Sie können uns gerne ein Fahrzeug vorbeibringen. Wo wir denn übernachten würden? – Tja, das wissen wir jetzt auch noch nicht so genau. – Ah, auch das sei kein Problem. Er würde uns Campingplatz xy empfehlen, aber wir können ihn ja auch einfach nochmals kurz anrufen und Bescheid geben, wo wir dann übernachten werden. Dann bringt er uns das Auto. –  Sehr gut, mega nett! Dann machen wir das doch so. Ob er denn noch irgendwelche Angaben oder eine Anzahlung von uns benötige? – Neinein, dein Name war Christine, oder? – Nein, Michelle. – Haha, egal! So gross sei der Andrang auf seine Autos nun auch nicht. Christine/Michelle, das klappt dann schon!

Kaum sind wir am Vorabend auf dem Campingplatz eingetroffen, trudelt er auch schon mit unserem Auto ein. Er instruiert uns kurz (da wir ja irgendwie hier an den Arsch der Welt gefahren sind, sei uns wohl inzwischen bewusst, dass wir hier in Neuseeland auf der linken Seite fahren und wie man einen Automaten fährt, wissen wir auch) und wir fragen nach den Zahlungsmöglichkeiten. Hm, Kreditkarte geht nicht, Banküberweisung ist wohl auch etwas schwierig und wir wiederum haben nicht genügend Bargeld bei uns. Aber auch das: alles gar kein Problem! Wir sollen doch einfach morgen (nach unserem Ausflug ins Oparara Basin) auf dem Rückweg kurz im Dorfhotel vorbeischauen. Die können uns dann den gewünschten Betrag auszahlen. Wir seien nicht die ersten, die mit dieser Bitte dort aufkreuzen würden. Das Geld sollen wir dann einfach abends ins Handschuhfach legen, das Auto unverschlossen auf dem Campingplatz abstellen und den Schlüssel oben hinter die Sonnenblende klemmen (wichtig sei lediglich, dass wir den Schlüssel ja nicht einschliessen, das sei nämlich bereits der Ersatzschlüssel, da der Originalschlüssel jemand verloren habe…). Genau so haben wir es gemacht und alles hat völlig unkompliziert und einwandfrei funktioniert :-) Auf diese Weise konnten wir einen schönen Tag in unserem eigenen Tempo im Oparara Basin (inklusive eines kleinen Abstechers an das Ende der Strasse und gleichzeitig den Startpunkt des Great Walks «Heaphy Track») verbringen.

Einige Fotos zu diesem Ausflug findest du in der Galerie Nördliche Westküste.

Nach knapp zwei – in Bezug auf körperliche Aktivität – eher gemütlichen Wochen fühlen wir uns nun wieder frisch und bereit für einen weiteren Great Walk. Da wir es nicht übertreiben möchten, machen wir jedoch nur eine Teiletappe des Abel Tasman Tracks. Mehr dazu findest du in unserem nächsten Blogeintrag.

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#16: Great Walk – Routeburn Track