#32: Umdisponieren im Reich der Krokodile


Im Osten der Kimberleys endet die Gibb River Road kurz vor der Ortschaft Kununurra. Wir nutzen Kununurra für ein paar Nächte als Basis, um unsere Weiterreise zu planen. Heftige Regenfälle haben dazu geführt, dass wir vier Nächte lang auf einer Station ausharren mussten, bevor wir die Gibb River Road (kurz: Gibb) befahren konnten (mehr dazu kannst du in unserem letzten Blogeintrag nachlesen).

Planänderung I

Nicht nur die Gibb ist von den Regenfällen betroffen, auch die Zufahrtsstrasse zum Purnululu (Bungle Bungle) National Park ist gesperrt. Selbst hinfahren ist somit nicht möglich. Weiter abwarten und auf die Wiedereröffnung warten liegt zeitlich nicht drin. Auf diesen Abstecher müssen wir nun leider – zumindest teilweise – verzichten. Allerdings werden von Kununurra aus Rundflüge angeboten, die bis in den für seine bienenstockähnlichen Gesteinsformationen bekannten Nationalpark führen.

Die Flugroute führt zuerst über den Lake Argyle, einen riesigen Stausee mit vielen kleinen Inselchen. Die Flugzeit pro Weg beträgt eine Stunde, der Park befindet sich also nicht bloss «um die Ecke» (mit dem Camper hätten wir pro Weg einen ganzen Tag lang fahren müssen, wären dafür dann aber ein paar Tage lang im Park geblieben). Wir entscheiden uns für einen Flug mit Landung im Purnululu National Park, sodass wir den Park auch noch ein wenig zu Fuss aus erkunden können. Im gebuchten Paket ist eine geführte «Wanderung» zur Cathedral Gorge inkludiert… Wir staunen nicht schlecht, als sich am Flugplatz immer mehr Leute (aus verschiedenen Flugzeugen) beim Treffpunkt für den Spaziergang (der Begriff «Wanderung» ist masslos übertrieben) zur Cathedral Gorge versammeln. Einmal mehr wird uns bewusst, dass sich niemand um den ausgeschriebenen Fitnesslevel einer Tour schert. In einem Offroad-Bus werden wir mit unserer «Wandergruppe» (grösstenteils bestehend aus mehr oder wenigen rüstigen Rentnern) zum Wanderparkplatz gefahren. Bis zur Cathedral Gorge sind es knappe 2 Kilometer, der Weg ist sehr einfach, weist kaum Steigung oder Unebenheiten auf. Trotzdem ist es von Vorteil, wenn man genügend fit ist, um a) überhaupt 4 Kilometer gehen zu können, b) ein Kiesel auf einem Naturpfad keine Herausforderung für dich darstellt und c) eine minimale Steigung oder eine Treppenstufe kein Ding der Unmöglichkeit ist. Da einige der 50er-Gruppe zumindest nicht all diese drei Kriterien erfüllten, schleichen wir entsprechend langsam zur Schlucht… und wieder zurück. Wahrlich kein Wandervergnügen! Man muss ja immer auch das Positive sehen: Wir sind so lange mit so vielen anderen Leuten auf diesem Wanderweg unterwegs, dass ausreichend Zeit bleibt, um sich ausgiebig mit anderen Leuten auszutauschen. Wären wir ausserdem mit dem Camper in den Park gefahren, hätten wir dafür den Lake Argyle nicht aus der Luft gesehen und das wäre wirklich sehr schade gewesen (einen kurzen Rundflug über die Bungle Bungles kann man auch vor Ort buchen)! Gerade auf dem Rückweg am Spätnachmittag war die Landschaft in ein weiches Licht getaucht und lange Schatten zeichneten schöne Muster. Der Ausflug hat sich mehr als gelohnt, wie auch den Bildern in den Galerien «Lake Argyle & Umgebung» sowie «Purnululu National Park» zu entnehmen ist.

 Unbekannte Schätze…

Da wir Purnululu nur im Schnelldurchgang besuchen konnten, haben wir dafür wieder Zeit «gewonnen», die wir zur Erkundung der näheren Umgebung von Kununurra nutzen können. Im Marlgu Billabong Bird Sanctuary können wir von einer Plattform Krokodile und diverse Vögel beobachten. Ein kleiner, aber sehr schöner Park gleich ausserhalb von Kununurra ist der Mirima National Park. Nach unserem leicht traumatischen «Wandererlebnis» im Purnululu National Park ist unsere Freude umso grösser, diesen kleinen, aber feinen Park auf eigene Faust und in unserem eigenen Tempo erkunden zu können. Die Felsen hier erinnern sogar ein wenig an jene in Purnululu! Was uns an diesem Park besonders gut gefällt: die kurze Anreise, dass wir auf den schön angelegten Wanderwegen fast niemandem begegnen und es sogar Picknickstellen mit Sonnensegeln gibt! Ein weiterer Geheimtipp ist der Keep River National Park, der sich unweit der Grenze von Western Australia und dem Northern Territory befindet. Bereits bei der Ranger Station machen wir unsere erste tierische Begegnung: Nichtsahnend klappt Basil den WC-Deckel der Besuchertoiletten hoch und staunt (respektive erschrickt) nicht schlecht, als ihm drei knallgrüne Frösche entgegenstarren. Dieses Klo ist dann wohl schon besetzt, wir haben ja zum Glück noch unsere eigene frosch-freie Toilette im Camper :-) Nachdem auch Michelle die Frösche bestaunt hat, lassen wir die Frösche in ihrer Wellnessoase zurück*. Kurze Zeit später treffen wir einen ausgehungerten Dingo an. Es ist der einzige Dingo, den wir während unserer gesamten Zeit in Australien (3.5 Monate) sehen. Auch Scharen von Rosa-Kakadus treffen wir hier an. Vom Campingplatz aus gibt es zudem einen schönen Rundweg, der einen tollen Überblick über die Landschaft bietet. Wir sind den Weg gleich zwei Mal gelaufen: einmal bei Sonnenuntergang und das zweite Mal am nächsten Morgen :-)

*aus diesem Grund ist es in Australien sehr wichtig, den WC-Deckel IMMER zu schliessen. Frösche in der WC-Schüssel mögen ja noch herzig sein, doch den Fröschen folgen häufig Schlangen und auf dieses Erlebnis möchte man auf dem stillen Örtchen dann vielleicht doch lieber verzichten.

Weitere Bilder findest du in den Bildergalerien «Kununurra & Umgebung» und «Keep River National Park».

… und bekannte Sehenswürdigkeiten 

Nachdem wir diese drei wunderschönen, verhältnismässig wenig besuchten Orte «unplanmässig» entdecken durften, folgt als Nächstes – nach einem langen Fahrtag – wieder eine sehr bekannte Sehenswürdigkeit: die Nitmiluk Gorge (Katherine Gorge). Vom Boot aus bestaunen wir hier die senkrecht aufragenden Felswände dieses Schluchtensystems. Da wir immer wieder auf’s Neue fasziniert sind von Höhlen, darf natürlich auch ein Besuch der Cutta Cutta Caves nicht fehlen. Nach langen Fahrtagen sind wir auch immer wieder dankbar, wenn wir uns ein wenig die Beine vertreten können. So machen wir auch noch einen Abstecher nach Leliyn (Edith Falls). Dort gibt es eine schöne Rundwanderung mit der Möglichkeit, sich in den Upper Falls abzukühlen. Da wir noch ein rechtes Stück Fahrt vor uns haben, nehmen wir leider unsere Badesachen nicht mit. Wir bereuen das sehr, sobald wir die Badestelle sehen. Im Gegensatz zu vielen anderen, ist diese hier richtig cool. Zum Glück befinden sich die Edith Falls an jener Teilstrecke, die wir doppelt fahren müssen, also beschliessen wir, auf dem Rückweg (von Darwin nach Alice Springs) nochmals hierher zu kommen. Gesagt, getan! Wir steigen ins Wasser, schwimmen um die Felsen, klettern neben dem Wasserfall aus dem Wasser, kraxeln über ein paar Steine, stossen uns kräftig von der Felswand ab, um die Strömung zu durchqueren, nur um dann ein paar Meter weiter in einen weiteren «Strömungskanal» zu kommen, in dem wir uns ein Stück nach unten treiben lassen können. Mit ein paar kräftigen Schwimmzügen kommt man wieder aus der Strömung raus, schwimmt um die Felsen und dann geht das Ganze wieder von vorne los – ein Spass für Gross und Klein!

Weitere Eindrücke hierzu findest du in dieser Galerie.

Planänderung II 

Schliesslich hat uns der unerwartete Regen noch einen weiteren Strich durch die Rechnung gemacht. Die meisten Seitenstrassen im Kakadu National Park sind noch geschlossen. Das ist nun die dritte grössere Sehenswürdigkeit in kürzester Zeit, welche wir nicht oder nur eingeschränkt würden besuchen können. Da die meisten Orte innerhalb des Parks, die wir besuchen möchten, immer noch gesperrt sind, beschliessen wir, den Park komplett weg zu lassen und stattdessen zwei andere Parks zu besuchen. Auf diese Weise können wir immerhin ein paar Fahrkilometer einsparen. Wir sind zu diesem Zeitpunkt ziemlich gefrustet, weil innerhalb kürzester Zeit einige unserer Highlights – wortwörtlich – ins Wasser gefallen sind. Auch der Camper geht uns zunehmend auf den Senkel. So lässig wir im Prinzip das Camperleben finden, in diesem spezifischen Modell ist vieles umständlich und mühsam. Damit wir mal eine kleine Pause vom Camper bekommen, buchen wir für zwei Nächte spontan eine schöne Unterkunft im Litchfield National Park (den wir als Alternativprogramm zum Kakadu National Park besuchen). Die kleine Cabin liegt in einem wunderschönen Garten und verfügt sogar über einen kleinen Pool. Passenderweise heisst die Unterkunft «Tropical Stay». Wir werden herzlich von den Besitzern begrüsst und im Kühlschrank wartet bereits ein kleines Plättchen auf uns. Wir machen es uns auf der Veranda bequem und verspeisen genüsslich den Käse mit Kräckern und Aufstrich.

Buschfeuer 

Hier könnte man wirklich die Seele baumeln lassen. Warum «könnte» und nicht «kann»? Nun ja, bereits auf der Fahrt in den Park und somit auch in Richtung der Unterkunft bemerken wir am Horizont riesige Rauchwolken. Feuer sind an und für sich nichts Ungewöhnliches in Australien. Wir sind bisher schon an unzähligen sogenannten «kontrollierten oder präventiven» Buschfeuern vorbeigefahren. Links und rechts entlang der Strasse züngeln die Flammen, von Feuerwehrleuten ist meistens weit und breit keine Spur. Doch dieses Feuer scheint gigantisch zu sein und wir fahren direkt darauf zu! Die Wolken türmen sich bis weit in den Himmel. Da brennen mehr als nur ein paar Büsche. Autos fahren weiterhin in beide Richtungen, ausser uns scheint auch niemand ernsthaft besorgt zu sein. Wir versuchen in einer kleinen Ortschaft an Infos zu diesem Feuer zu kommen. An einer Tankstelle treffen wir auf eine Frau, die uns mitteilt, dass es sich um ein ganz normales kontrolliertes Feuer handele und wir unbesorgt zu unserer Unterkunft fahren können. Also fahren wir weiter. Auch unsere Gastgeberin versichert uns, dass wir uns wirklich keine Sorgen machen müssen. Gegen Abend scheint dann noch der Wind zu drehen, ausserhalb der Cabin stinkt es sehr stark nach Rauch. Wir hoffen, dass der Rauch nicht in unseren Camper dringt. Wirklich entspannt sind wir nicht. In der Cabin haben wir unsere paar Habseligkeiten fertig gepackt bei der Tür deponiert. Den Camper stellen wir so, dass wir notfalls schnell von der Cabin in den Camper steigen und wegfahren können. Etwa um 10 Uhr abends schreiben wir unserer Gastgeberin Lorna eine SMS… «Entschuldigung für die Störung, aber müssen wir uns wirklich keine Sorgen machen? Draussen ist es sehr rauchig und wir hören auch vorbeifliegende Helikopter….» «Neinein, da müsst ihr euch echt keine Sorgen machen. Die Helikopter habe ich auch gehört. Ich vermute, es handelt sich um Militärhelikopter auf dem Weg nach Darwin.» Ok, dann wird es wohl so sein. Am nächsten Morgen treffen wir wieder auf Lorna. Sie meint dann: «Ach du heilige Sch*****, das war ja wirklich extrem dichter Rauch gestern Abend. Ich habe es erst bemerkt, als ihr mir geschrieben habt und ich darauf hin vor die Tür bin.» Also wohl doch nicht alles ganz so «easy peasy» ;-)

Zum Glück hat sich der Rauch am Morgen schon wieder weitestgehend verflüchtigt und so konnten wir den Litchfield National Park beruhigt erkunden: Wir bestaunen riesige Termitenhügel, besuchen mehrere Wasserfälle und können sogar einen Waran beobachten, der sich in aller Seelenruhe einen Weg über eine Wiese sucht und sich von den vielen Menschen, die hier picknicken, nicht stören lässt. Bilder zum Park findest du hier.

 

Bei den Krokodilen im Mary River National Park

Nebst dem Litchfield National Park haben wir noch den Mary River National Park als Alternative zum Kakadu National Park besucht. Dieser liegt zwischen Darwin und dem Kakadu National Park und ist bekannt für seine grosse Krokodilpopulation. Tatsächlich lebt hier die weltweit höchste Konzentration an Salzwasserkrokodilen. Auf einer Bootstour sichten wir einige dieser urzeitlichen Kreaturen. Sie liegen zwar allesamt scheinbar friedlich auf Sandbänken, jedoch haben wir in Naturdokus oft genug gesehen, wie schnell und wendig sie sich bei Bedarf bewegen können. Im Wasser sind sie praktisch unsichtbar, wenn sie bewegungslos unter der Wasseroberfläche lauern und nur die Nasenlöcher und die Augen über Wasser sind. Natürlich ist es strengstens untersagt, etwas (insbesondere Gliedmassen) über den Bootsrand baumeln zu lassen. Schwimmen ist deshalb auch in weiten Teilen Nordaustraliens (ca. ab Höhe Broome in Western Australia, im Northern Territory sowie im nördlichen Teil Queenslands) verboten. Die Salzwasserkrokodile halten sich nicht nur im Salzwasser (Meer) auf, sondern schwimmen auch Flüsse hoch bis weit ins Landesinnere. Schwimmen im Süsswasser (Flüssen) ist demnach kein Garant für eine krokodilfreie, sichere Bademöglichkeit. In der Regel sind Warn-Schilder aufgestellt, im Zweifelsfall sollte man jedoch lieber einmal mehr auf ein Bad verzichten!

Nebst den Urzeitgiganten lassen sich hier auch zahlreiche Vögel beobachten und am Ufer entdecken wir eine Gruppe Wallabies mit Jungen in ihren Beuteln. Auf dem Campingplatz sind wir die einzigen Gäste, lediglich ein paar Wallabies leisten uns Gesellschaft. Es ist ein absolut friedlicher Ort. Am ersten Abend werden wir mit einem fantastischen Sonnenuntergang belohnt. Er erinnert uns stark an Sonnenuntergänge, die wir bisher in dieser Form erst in Afrika gesehen haben. Wunderschön und absolut kitschig!

In der dieser Fotogalerie findest du weitere Bilder zum Mary River National Park.

Vom Mary River National Park ist es – für australische Verhältnisse – nicht mehr weit bis Darwin. In etwas über 2 Stunden erreicht man die Hauptstadt des Northern Territories. In Darwin machen wir einen Fahrzeugwechsel: Wir geben unseren Camper von WA Experts ab und übernehmen von der thl-Gruppe einen Camper mit Aufstelldach, Aussenküche, jedoch ohne WC. Der Fahrzeugwechsel findet statt, da WA Experts keine Station im Outback hat. Eigentlich sind wir ganz froh, mal noch ein anderes Fahrzeug ausprobieren zu können. Wir sind gespannt, wie uns diese Fahrzeugvariante gefällt. Da die Mietzeit lediglich zwei Wochen beträgt, wäre es auch nicht tragisch, wenn uns diese Camperart nicht besonders zusagt. Im nächsten Blogartikel erfährst du mehr dazu!

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#31: Gibb River Road mit Startschwierigkeiten