#30: Eindrückliche Schluchten, eine grüne Oase & Reparaturarbeiten


Wie du anhand unserer Blogeinträge zu Westaustralien mittlerweile festgestellt hast, sind die Distanzen zwischen den jeweiligen Sehenswürdigkeiten sehr gross. So erstreckt sich die nächste Etappe von der Küste bei Exmouth bis in den eindrücklichen Karijini National Park über fast 700 km, womit einmal mehr ein sehr langer Fahrtag vor uns liegt. Es ist schon später Nachmittag, bis wir auf dem Campingplatz ankommen, wo wir für die nächsten drei Nächte bleiben werden. Er befindet sich direkt im Karijini National Park und ist somit der ideale Ausgangspunkt, um diesem Park mit seinen zahlreichen Schluchten zu erkunden. Müde von den ereignisreichen Tagen und der langen Fahrt, fallen wir nach dem Abendessen todmüde ins Bett.

Kühle Nächte

In der ersten Nacht erleben wir etwas Neues: haben wir bis anhin eher geschwitzt und damit gekämpft, die Hitze irgendwie aus dem Camper zu bekommen, ohne gleichzeitig irgendwelche Insekten reinzulassen, so wird es erstmals richtig kühl. Wir befinden uns jetzt nicht mehr an der Küste, sondern ein wenig landeinwärts, was bereits eine Auswirkung auf die Temperaturen hat (kleiner Spoiler: dies ist erst ein kleiner Vorgeschmack, was wir später im Roten Zentrum erleben werden…). Die dünne Decke, die in der Campingausrüstung inbegriffen ist, reicht bei Weitem nicht aus. Unsere Daunenschlafsäcke haben wir glücklicherweise dabei, wenn auch in der ersten Nacht noch nicht griffbereit. Doch in den nächsten beiden Nächten haben sie uns schön warm gegeben. Wie schön es doch ist, wenn man wieder einmal bei angenehm kühlen Temperaturen schlafen kann!

Die vielen Schluchten des Karijini National Parks

Endlich ausschlafen – das haben wir bis anhin sehr selten gemacht. Meistens wurde es einfach zu warm, um lange im Alkoven liegen zu bleiben. Nicht so im Karijini National Park. Frisch erholt haben wir nun neue Energie, um die Schluchten des Parks zu erkunden. Da ein Teil des Parks aufgrund von Buschbränden gesperrt war, blieb uns die «Qual der Wahl» erspart und wir konnten in Ruhe alle zugänglichen Schluchten besuchen. Tagsüber kletterte das Thermometer zwar wieder in die Höhe, aber ohne dass es extrem heiss wurde. Ideal also für Erkundungstouren. Die Abstiege in die Schluchten waren häufig recht steil und steinig, unten angekommen war das Weiterkommen dann einfacher. Einmal mehr sind wir fasziniert von den Farben, Schichten und Muster des Gesteins. Während wir uns die Steine und Felsen genau ansehen (und fotografieren), entdecken wir auch viele weitere spannende Details: kleine Pflänzchen, die zwischen Gesteinsritzen wachsen, Wurzeln, die sich ihren Weg durch das Felsenlabyrinth suchen, riesige Spinnennetze (mit ihren Bewohnern), die in den Felswänden gespannt sind, knallig rote Libellen, Käfer in schimmernden Rüstungen und eine grosse Echse, die elegant eine Felswand hochklettert. Es gibt so viel zu sehen, dass wir nur langsam vorankommen – aber wir haben ja auch keine Eile. Die Wasserlöcher sind teilweise zwar schon ausgetrocknet, einige führen jedoch noch immer Wasser, sodass wir mehrfach ein erfrischendes Bad nehmen können. Es ist wunderbar entspannend, auf dem Rücken treibend die hohen, steilen, roten Wände der Schlucht hinaufschauen zu können und in die Sonne zu blinzeln. Der schweisstreibende Teil kommt jeweils am Schluss, denn irgendwann muss man ja auch wieder zur Schlucht raus. Oben angekommen, wäre man wieder bereit für eine Abkühlung in einem Wasserloch, doch diese liegen ja bekanntlich am Grund der Schlucht :-)

Nebst den vielen Details, die uns total fasziniert haben, waren wir auch beeindruckt von der Vielseitigkeit der einzelnen Schluchten. Jede war einzigartig – der Spruch «hat man eine gesehen, hat man sie alle gesehen» trifft hier auf keinen Fall zu. Uns hätte wundergenommen, wie diejenigen Schluchten ausgesehen haben, die aufgrund der Brände vorübergehend geschlossen waren. Dennoch haben wir einige sehr schöne Schluchten besuchen können, nämlich die Dales Gorge (direkt zu Fuss von unserem Campingplatz aus), die Kalamina Gorge, die Knox Gorge, die Joffre Gorge sowie die Hamersley Gorge ganz im Westen des Parks (rund 120 km vom Campingplatz entfernt).

Zum Karijini National Park haben wir zwei Galerien erstellt. Karijini National Park und Karijini National Park – Details.

Die grüne Oase am Eighty Mile Beach

Wir beschliessen, den direktesten Weg nach Broome zu nehmen. Der direkteste Weg ist noch immer knappe 1000 km lang, was einer Fahrzeit von mind. 10 ½ Stunden entspricht. Grössere lohnende Stopps gibt es auf dieser Strecke nicht, die Strasse führt teilweise stundenlang durch die immergleiche Landschaft. Was sich hingegen sehr gelohnt hat, war unsere Zwischenübernachtung am Eighty Mile Beach (entgegen seinem Namen ist der Strand sogar stolze 220 Kilometer lang!). Wir waren geradezu entzückt über die saftig grünen Bäume und die Kängurus auf dem Campingplatzareal. Beide haben sich bisher rar gemacht, die Bäume sowieso, aber auch in puncto Tiersichtungen war es bisher sehr mau (abgesehen von den Quokkas auf Rottnest Island sowie Michelles Rendez-vous mit einer Schlange) haben wir kaum Landtiere gesehen. Umso schöner war es, nach einer langen und eintönigen Fahrt in diese grüne Oase zu kommen und Kängurus beim Grasen beobachten zu können.

Vom Campingplatz sind es nur wenige Gehminuten an den Strand (alternativ kann man auch gleich mit dem Auto auf den Strand fahren). Egal in welche Richtung man blickt, der Strand erstreckt sich bis an den Horizont. So verlockend der Strand auch sein mag, es ist kein Badestrand. Nebst Quallen und Haien, können sich – wenn auch nur äusserst selten – Salzwasserkrokodile («Salties») hierher verirren. Wir nähern uns einer weiteren sehr ernstzunehmenden «Gefahrenquelle»… Spätestens ab Broome ist das Baden im Meer und in vielen Flussläufen sowie Wasserlöchern strengsten untersagt, denn nun befindet man sich in Krokodilgebiet.

Hierher an den Eighty Mile Beach habe sich jedoch schon seit längerem kein «Saltie» mehr verirrt, wie uns die Dame an der Campingplatz-Rezeption verrät, aber es gibt ja noch genügend andere Kreaturen, die einem vom Baden abhalten. Wir begnügen uns damit, dem schönen Sandstrand entlangzuschlendern und entdecken auch so allerhand:

Wir nähern uns langsam der Gibb River Road

Von Eighty Mile Beach sind es nochmals ca. 4 Fahrstunden bis nach Broome. In grösseren Ortschaften gibt es zuerst immer die gleichen paar Dinge zu erledigen: Fahrzeug auftanken, WC-Kassette leeren, den Frischwassertank auffüllen, Abfall entsorgen, (evtl.) Wäsche waschen, duschen und einkaufen. Das nimmt meistens recht viel Zeit in Anspruch. Doch gerade in Broome widmen wir uns sorgfältig dem Thema «Einkaufen», da wir uns demnächst auf die bekannte Offroad-Route Gibb River Road begeben, welche 660 km durch die Kimberley Region führt. Ursprünglich für den Transport des Viehs von den riesigen Rinderfarmen in den Kimberleys an die Küstenorte gebaut, gilt sie heutzutage als eine der letzten grossen Outback-Abenteuer! Wir haben für die Strecke ungefähr 12 Tage eingeplant. Da Versorgungsmöglichkeiten entlang der Gibb nur sehr eingeschränkt verfügbar sind, decken wir uns in Broome mit Vorräten für gute 2 Wochen ein. Nach dem Grosseinkauf sind nicht nur unser Kühlschrank, sondern auch Schubladen und Schränke mit Lebensmitteln prall gefüllt.

Nachdem wir unsere ToDo’s erledigt haben, geniessen wir das (Klein)Stadtleben in Broome. Wir schlendern durch den Ortskern, schauen bei ein paar Galerien und Souvenirshops vorbei, gehen abends auswärts essen und anschliessend sogar noch ins Kino – und zwar nicht in irgendein Kino, sondern ins älteste (noch in Betrieb befindliche) Freiluft-Kino der Welt: «Sun Pictures» (seit 1916).

Was bei einem Besuch von Broome auch nicht fehlen darf, ist ein Kamelritt entlang des Cable Beach. Insbesondere bei Sonnenuntergang, wenn sich die Silhouette der Karawane vor dem typischen rot-orange verfärbten Himmel und der untergehenden Sonne abzeichnet. Wir sind uns zwar ziemlich «ausgestellt» vorgekommen und wurden wohl noch nie so häufig von anderen Leuten fotografiert wie während dieses Strandrittes, doch der gemütliche Ausflug auf dem Rücken der Wüstenschiffe war ein schönes und unvergessliches Erlebnis.

«Boxenstopp» in Broome

Broome befindet sich circa auf halber Strecke zwischen Perth und Darwin. Mit unserem Campervermieter WA Experts haben wir vereinbart, dass wir uns bei ihm melden, wenn wir in der Nähe von Broome sind, damit wir einen Termin in ihrer Station in Broome ausmachen können. Uns kommt dieser Zwischenstopp gerade gelegen: So kann sich jemand unser Fahrzeug ansehen und die kleinen Wehwehchen beheben, die auf der bisherigen Etappe entstanden sind. Als erstes haben wir einen Termin in einer Werkstatt bekommen, wo wir den kleinen Steinschlag in der Windschutzscheibe reparieren lassen konnten. Danach gab es einen «Boxenstopp» bei WA Experts Broome: Wir bekamen ein frisches Set Bettwäsche/Handtücher, ebenso wurde die Gasflasche wieder aufgefüllt. Für die Zeit der «Servicearbeiten» haben wir ein Ersatzauto bekommen, damit wir uns frei in Broome bewegen konnten. Während wir eine Sightseeing-Tour machten, wurde die Arretierung der einen Schublade geflickt (die hat seit dem zweiten Miettag nicht mehr funktioniert und musste demnach ständig wieder zugeklebt werden). Der Wackelkontakt des Kabels für die Rückfahrkamera wurde behoben und die Moskitotüre ein wenig geradegebogen, sodass sie während der Fahrt nicht mehr ganz so fest schepperte wie bisher. Den linken Seitenspiegel, der sich bei der Fahrt selbstständig «ausfuhr», haben wir unterwegs bereits selbst getapt und so wurde beschlossen, dass wir weiterhin mit diesem bewährten Provisorium weiterfahren (ein Hoch auf Duct Tape!). Unser grösstes Problem konnte leider nicht behoben werden, denn obwohl wir über einen komplett neuen Satz Moskitorollos an allen Fenstern verfügten, fanden nach Sonnenuntergang immer irgendwelche Motten und Falter den Weg ins Camperinnere. Und zwar nicht nur «die eine oder andere», sondern jeden Abend Dutzende. Wir gingen zwar mit Mückenspray und Fliegenklatsche gegen die lästigen Viecher vor, doch ausser einem blutigen Massaker blieben die Aktionen relativ erfolgslos. Nach wenigen Minuten rückte einfach eine neue Armee nach. Die Fenster komplett schliessen sind in einer nicht-kühlbaren Kabine in Kombination mit Tropennächten auch keine wirkliche Alternative. Die Variante «im Dunkeln sitzen» ist irgendwie auch nicht so das wahre, zumal das Licht eines Handy- oder Laptop-Displays ausgereicht hat, um neue Biester anzulocken. Wir hatten aber auch definitiv keine Nerven, um nochmals wochenlang in diesem Zustand durch Australien zu reisen. Also haben wir in einem Baumarkt Moskitonetze gekauft und damit alle Fenster und jede noch so kleine (Lüftungs)Ritze abgeklebt. Und siehe da: Problem gelöst (auch wenn es natürlich etwas unpraktisch ist, wenn man all seine Fenster zuklebt – da wir bei jedem Fensteröffnen die Konstruktion teilweise ablösen und wieder neu anbringen mussten)! WA Experts fand unsere Lösung allerdings ziemlich gut und hat selbstverständlich sämtliche Materialkosten übernommen.

Weitere Reparaturarbeiten…

Mit unserem frisch gewarteten Camper haben wir am nächsten Tag einen Ausflug auf die nördlich gelegene Dampier Halbinsel unternommen. Beim Losfahren vom Campingplatz ist uns aufgefallen, dass wir eine Wasserlache unter dem Camper haben… Kann es wirklich wahr sein, dass wir nur ein paar Stunden nach unserem «Service» bereits wieder in die Werkstatt fahren müssen? Da wir an diesem Tag aber bereits eine Tour gebucht haben, vertagen wir unser neues Problem auf morgen :-) Am Vormittag haben wir allerlei Wissenswertes über die Perlenzucht der Willie Creek Pearl Farm erfahren. Danach sind wir auf einer sandigen Piste noch weiter nördlich bis an den James Price Point gefahren. Abends hatten wir den Platz ganz für uns alleine – wir konnten es fast nicht glauben, dass wir die einzigen Camper waren, denn in allen Broschüren und Reiseführern wird von diesem atemberaubenden Ort geschwärmt.

Auch am Abend entdeckten wir wieder Wasser unter dem Camper. Die Wasserpumpe ist beschädigt und es muss irgendwo ein Leck geben. Ungünstig, wenn man demnächst fast 700 km auf einer Schotterpiste mit eingeschränkten Versorgungs- und Reparaturmöglichkeiten unterwegs sein möchte. Wir fahren also nochmals bei Don von WA Experts Broome vorbei. An einem Sonntag kann er uns natürlich keine neue Pumpe aus dem Ärmel zaubern. Er gehe jedoch gleich am Montagmorgen als Erstes eine neue Pumpe kaufen und baue sie dann unverzüglich ein. Er meinte, das Austauschen der Pumpe dauere etwa eine Stunde. Wir verbringen also gezwungenermassen nochmals eine Nacht in Broome. Uns wird wieder ein Ersatzwagen angeboten, doch für die eine Stunde lohnt sich das in unseren Augen nicht. Da es draussen wie aus Eimern schüttet, machen wir es uns im Warteraum bequem. Aus einer Stunde werden 2, dann 3… Don liegt noch immer unter unserem Camper… Die Montage klappt nicht so einfach, wie angenommen. Erst nach 3.5 Stunden war Don «done». Als Entschädigung für die lange Wartezeit schenkt er uns eine Flasche Rotwein (dafür vergisst er, den Deckel des Frischwassertanks wieder aufzusetzen). Mit einem offenen Frischwassertank und einer fragilen Flasche Wein fahren wir in strömendem Regen von dannen in Richtung Gibb River Road. Bis wir Dons Malheur mit dem Vergessenen Deckel bemerken, sind wir bereits in Derby. Zum Umkehren ist es zu weit und in Derby lässt sich nirgends so einen verdammten Deckel auftreiben. Wir greifen einmal mehr auf das Klebeband zurück und tapen den Tank zu. Bleibt noch die Weinflasche, die wir nicht unnötig auf hunderten von Kilometern auf einer Schotterpiste mit uns führen und noch loswerden möchten (wir trinken beide keinen Alkohol). Doch dafür finden wir schon bald eine gute Lösung…

Doch der vergessene Deckel und der Wein sind nur Kleinigkeiten, wir stehen vor einem echten, sehr ernstzunehmenden Problem. Wir haben die Wetterprognosen schon seit über einer Woche sehr genau im Auge behalten, denn es wurden – für die Trockenzeit wirklich SEHR untypisch – heftige Regenfälle prognostiziert. Innerhalb weniger Stunden sollen bis zu 100 mm Regen fallen. Eine so grosse Menge an Niederschlag kann der ausgetrocknete Boden unmöglich aufnehmen. Was bedeutet das nun für unser Abenteuer auf der Gibb River Road, das Herzstück unserer Westaustralien-Reise? Und was hat es mit der Weinflasche auf sich? Mehr dazu erfährst du im nächsten Blogeintrag.

Ein paar Eindrücke vom Eighty Mile Beach sowie Broome & Umgebung findest du hier.

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#29: Michelles Rendez-vous mit einer Schlange